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Rosina T. Schmidt

 

 

Historical Accounts

 

 

JOHANN KARL REICHARD

(1700-1753)

 Bearbeitet von Rosina T. Schmidt

Dokumente gütigerweise zur Verfügung gestellt von Barbara Kümritz, eine Nachfolgerin des Pfarrers Johann Balthasar Reichard (* Biebesheim, +11.8.1728 in Ober-Ramstadt), den Vater von Johann Karl.

Am 20 April 1722 sandte Kaiser Karl VI. Einen Brief, ein sogenantes kaiserliches ‘Angesinnen’ an den Landgraf Ernst-Ludwig von Hessen-Darmstad, in dem er um ‘teutsche leuthe’ für das menschenarme Banat bat. Die hessen-darmstäditsche Landgrafscahft war ganz protestantisch.

Hier der Brief im Wortlaut, das im Hessischem Staatsarchiv Darmstadt, Abt. XI. Fol. 61-64 aufbewahrt wird:

“Dem Durchlauchtig – Hochwohlgeborenen Ernst-Ludwig Landgrafen zu Hessen, Fürsten zu Hirschfeld, graffen zu Calzenellenbogen, Dietz, Zigenheimb, Nidda, Schaumburg, Isenburg, Büdingen unserem lieben Oheimb und Fürsten.

Carl der sechste von Gottes gnaden Erwählter Römischer Kaiser zu allen Zeiten mehrer des Reichs.

Durchleuchtig Hochgebohrener lieber Oheimb und Fürst. Wir mögen deiner Durchleucht gnädigst nicht bergen, wesgestalten hin und wieder im Römisch Reich eine Anzahl von ohngefähr Sechshundert teutschen Familien und darunter auch einige aus dero lande sich bey unserer in dem Temesvarer Banat aufgestellten kaiserl. Administration angegeben, das Sie dahin Abzuzihen und sich allda niderzulassen gesonnen seyen.

Wann nun dem gemeinen Christlichen Wesen höchst nothig und verträglich seyen will, die von dem Erbfeind, im letzterem wider denselben geführten grossen Krieg eroberte und von Inwohnern sehr entbleste lande, als eine Vor-Mauer der Christenheit mit Teutschen leuthen zu besetzen; Als gesinnen wir an deine Durchleucht hiermit gnädigst, Sie wollen diejenigen Familien, so sich aus obgedacthtem dero Lande nach unserem Erbkönigreich Hungarn zu begeben, willens seynd nicht allein gerne ohne entgelt entlassen, sondern die beliebige Verfügung thun, damit unser zu übernehm- und herabführung deroselben befeichter Ober-Verwalter Franz Albert Krausz mit gedachten Familien und deren bey sich habenden Hausgeraith und andere zugehörigen sachen gegen Verzeigung unseres aus Unser

Kaiserl. Gehim Reichs-Hof-Cantzley gefetigten und von uns eingenhändig unterschriebenen Kaiserl. Orginal-Passes allerorthen zu Wasswer und Land, frey, sicher und unaufgehalten, ohne Abforderung einger Mauthzoll, Aufschlag oder derley Anlagen, passirt, und denenselben zu förderlicher fortkommung aller gutter Will und Vorschub erwiesen werden möge, hieran erwiessen Durchleucht einen dem gemeinen Christlichen Wesen zur Wohlfahrt aungedeichenden guten Dienst, und uns anbey einen besonders angenehmen Gefallen, den wir gegen dieselbe in alle weg zu erkennen unvergessen seyn werden und Durchleucht mit Kaiserl. Gnade und allem guten wohl beyn gethan verbleiben.

Gehen in unser Statt Wien den zwanzigsten April Ao Siebenzehnhundert zwey und zwanzig unserer Reiche, des Römischen im eylften, des Hispanischen im neunzehnden, des hung. Und böhmisch: aber im zwölften Carl.

“Vt (vidit) Hezog Schönborn.

Ad mandatum Sacaee Caesae Maiestatis proprium E. Fr. Glaudorf.”

 

In "Geburts-, Trau- und Sterberegister 1617-1712" (Seite 737) des evangelischen Pfarramtes zu Ober-Ramstadt im Hessen steht die folgende Eintragung:

“ Anno 1723. Nach deme das Wild im gantz land dergestalt in der Menge angewachsen, das den Bauersman kaum etwas im feld erhalten, auch die Beschwerung so stark worden, dass selbiger Landman ohnmöglich fragen und abstatten können, der Römischer Kayser Carolus aber die jenige wüste örter, so er in Ungarn gegen Siebenbürgen, ahm Türken abgenommen gerne mit Teutschen Menschen wolte besetzen und wohnhabahr machen zogen aus hiesiger Gemeinde Nachfolgende Seelen in Ungarn:

Johannes Orth mit Weib und 5 Kinder,

Johannes Knorr mit Weib,

Johannes Baumann Weib, 2 Kinder,

Heinrich Österreicher, Weib, 5 Kinder,

Hans Peter Rindfuss, Weib und 5 Kinder,

Conrad Rindfuss, Weib und 1 Kind,

Heinrich Schmitt, Weib un 5 Kinder,

Johann Schmitt, Weib und 4 Kinder,

Johann Jacob Weiss, Weib und 2 Kinder,

Hans Seebald Lass, Weib, 6 Kinder,

Georg Nicol Ramgen + mortus AD 1724, Weib 4 Kinder

Peter Kroh, Wife und 4 Kinder,

Heinrich Schönbein, Excor: Weib,

Anton Kohl, Weib,

Nicol. Handschuh, Weib und 3 Kinder,

Nicol. Daub, Weib, 1 Kind,

Gertrud Freyler,  von Frankenhausen, Wittwe,

Ludwig Gottfried Guth, dieser ist wieder admittiert 1725 mit Weib.

Summa 82 Seelen.

Anno 1724 im Frühling bekam mein des hiessigen Pastors ältester Sohn, Joh. Carolus Reichard, von denen in Ungarn sonderlich im Marktflecken Langenfeld sich befindenden Evangelischen eine Vocation, welche er grossmütig, nachdem er es mit Gott überlegt, acceptiert, und da er die 6 Wochen auf der Reise gewesen, ist er ganz frey auf besagter Gemeinde Kosten glücklich hinkommen, allwo man ihn und sonst keinen mehr angenommen und Nota der Kayserlichen Administration der Gemeinde Langenfeld zum Pfarrer präsendiert und vorgesetzt, ihm auch zugleich die Filial Petrillowa und das Bergwerk samt den evangelischen Bergleuten zur Amtsverwaltung übergeben. Es liegt dort im Temeswahrischen Banat zwölf Meul von Belgrad und Temeswar und weil er dies Werk in Gottes Namen gewagt, umb die armen Seelen zu erhalten, hab ich zu Gott das Vertrauen, er werde ihn, solange er sein Amt führt, schützen und versorgen und ihm Gnad und Segen geben, welches herzlich wünschet dessen Vater Reichard. N. B. 1725 ist er allda transferiert und 50 Meilen herwärts.”

 

Brief des Langenfelder Lehrers Boy an seinen Vogt gerichtet nachdem Pfarrer Reichard am 24. Mai 1724 angekommen ist:

"...alsbald nach seiner ankuft nacher Langenfeld gebracht von den Bürgern mit sicherem geleith, des morgens aber haben wir dem Herrn Commandanten (Saalhausen) gemeldet, welcher gesagt, es seye schon recht, dass es Gott einmahl so weith geschickt, dieweilen es aber die Catholischen Mönche erfahren, da sollte man den Lermen gehört haben, den 3ten Tag aber kommt Ihro Excellenz Herr General Mercy unvermutet, da ging solches erst recht an, da hätte einer das Laufen und Rennen sehn sollen und die Wuth der Pfaffen. Man schickte gleich nach Langenfeld nach obgennanten Herr Reicharden Ihn zu holen. Er aber unerschrocken marschierte hinein, ist aber freundlich von des H. Generals bei scih habender Administration empfangen, hingegen aber scharf examiniert worden, worauf dann Ihro Excellenz General gesprochen, es seye schon recht, dass er hier waere. Er habe dem Herrn Bergdirektor, welcher Evangelischer Religion den ersten versrpochen, der in das Banat käme, denn es sind lauter Sachsen im Bergwerk, als aber unser schultz und andere mehr wiedersprochen in gleichem auch Kaspar Mehrberg, dass man viel Unkosten wegen seinerthalben habe aufgewendet, so hat man es wieder ganz geändert, dass er nach Peter Illova sollte, welches zwischen dem bergwerk und unserem Ort Langenfeld lieget, allein man hat unbstandlich angehalten bis man es erlanget, dass er alle 8 oder 14 Tag zu Peter Illova predigen muss, allwo die Bergwerk Officianten sich gleichfalls einfinden müssen, daselbst Gottes Wort zu hören und die hl. Sacramente zu empfangen. Es hat auch obgedachter H. Reichard alsbald in schneller Eil hinuüber ins Bergwerk gemüsst, allwo die Gelegenheit zu besehen, welcher auch herrlich empfangen und mit Freuden augenommen, der Meinung er würde bei ihnen bleiben. Es hat sich auch die Generalität daselbst eingefunden, samt der bei sich habenden ganzlichen kaiserlichen Administration allda hat schon mehrgedachter H. Reichard seine Instruktion übernommen."

 

Brief des Pfarrers Johann Karl Reichard an Pfarrer Surdorff zu Adelsheim vom 3. Juni 1724

“ Dass ich versprochener massen nicht schon längst geschrieben, war die Schuld unserer späten Ankunft in der Wallachei, als wir vermeint. Dann wir uns auf der Reise oft lang aufhalten mussten, teils wegen Ausrichtung an den Pässen und Abwechslung der Schiffsleute als Ofen und Wien, teils wegen zu weil eingefallenen Windes, der uns am Fahren verhindert, wodurch es dann geschehen, dass wir vor 8 Tagen als den 23ten Mai erst angelanget. Zu Marxheim, welches ist ein Dorf 2 Stund unter Donauwörth, da die Einschiffung ist, haben wir 8 ganze Tage warten müssen, wegen der unbeschreiblichen Menge Leute, die dorten liegen. Wie eine kleine Armee, obgleich täglich davon abgegangen, so hat man es doch wenig gespürt, als wenn ein Tropfen Wasser aus dem Fluss genommen wird. Hier im Banat sind die deutschen bis 10 wohlbewohnter Dörfer stark, nur um Ujpalanka her, Obhin gegen Temesvar wohnen ebener massen nicht weniger, allwo jetzo auch eine ganz neue Stadt, nahmlich Arad, angelegt wird. Meine Wohnung habe ich zu Langenfeld, welches ein pläsirlicher Ort ist, von 113 Einwohnern, an dem ich von der kaiserlichen Administation bin confirmiert worden, und soll da in die 3 Stunden weit davon entlegener fast eben so starker Ort Petrillova als ein Flillial versehen, wegen der nicht weit davon im Kupferbergwerk arbeitenden Evangelischen samt dem Bergdirekter und anderen Bedienten. Die Gemeinde hat meine Ankunft sogleich H. Kommandanten von Saalhausen zu Ujpalanka angesagt, der es dem Herrn Feldmarschall Mercy, welcher des anderen Tages dahin kommen zu unseren besten hinterbracth, worauf ich zitiert, und doch erst die Sache nach 5 Tage ausgemacht worden zu Oravitza im Bergwerk, da ich mich auf H. General Befehl in die 3 Tage habe aufgehalten, bis man mir beiligende Instruction eingehändigt, in welcher aus Respekt das Bergwerk zu erst unter meine Obhut ist gedacht worden. Sonst gefält mir sehr hier, weil ich auch nicht so gar ohne Conversation bemelter Leute leben darf. An Nahrung habe keinen Mangel und mir alles wohl feil ist. Krebs, Fisch, Hasen, Feldhühner, Fasanen sind gar um ein geringes zu haben, und werde heute von solchen meinen Teil, die mir verehrt sind worden, verzehren. Wünsche nur, dass ich Sie könnte zu Gast bitten. Das schönste Wasser, als man es in Deutschland finden mag, haben wir hier, aus den Bergen die nicht hoch quillen – und ein angenehmer aus dem Gebirg stegender Fluss, von Fisch und Krebs reich, macht unser Ort und Gegend lustig, dass mich also meine Reise, die ich Gott sey Dank gesund obwohl beharlich zurück gelegt, nicht gereut. Vor meiner Nahrung mag ich nicht sorgen, dann ich sehe, dass mir Gott mehr beschert, als ich wert bin und nötig habe. Nichts wollt ich wünschen, als dass H. Pfarrer die Freude sehen sollten, die von denen schon in der 7 und mehr Jahr im hiesigen Land wohnhaften Evangelischen über meine Ankunft verspüret wird, nicht sowohl will ich sagen von Gemeinen, als derer von Kondition, gedenk welche sich in grosser Zahl in denen Städten befinden, so mich den begierig macht, desto eifriger Werk zu arbeiten. Und ob ich schon eine unbeschreibliche Mühe habe, so tue es doch sehr gerne, weil ich eine Grosse Nutzen finde, welches sich Gott ins künftige noch mehr durch mich schaffen wolle. Nur dieses bedauere, dass mir expresse gesaget worden: Es sole nur ich allein und keiner mehr im Banat tolerieret werden. Da ich dann alle Arbeit auf mir liegen habe, ich hoffe aber doch, es werde der Herr der Ernte, den wir desweg bitten, noch Arbeiter in seine Ernte senden. Denn die Ernte ist sehr gross.

Unsere Deutsche haben sich schön eingewönt, dass eine rechte Lust ist, wo man auf deutsche Art gebautes Feld sieht, welches auch wegen seiner Fruchtbarkeit zu bewundern, dann es alles hervorbringt. Die Erde hat eine Farbe etwas schwärzer als Asche. Und was bei uns mit Mühe gepflanzet wird, das habe ich auf der Donau in den Inseln gefunden, aber von wilder Art, als Weinreben in grosser Menge mit den schönsten Trauben, an den (Stamm) der Bäume gleich der Hopfen hinaufwachsen. Spargel dern ich gessen und haben so delikat als unsere gebaute geschmeckt. Wilde Kirchen, Ellen hoch von der Erde auf kleinen Bäumlein hängen, haben einen Geschmack wie die Weichsel und Form wie die Süsskirschen. Diese habe ich auf einer wilden Heide in grosser Menge gefunden. Wir haben eine fast unerträgliche Hitze hier, und hat auch in langer Zeit nicht geregnet. Des Nachts ist es in diesem Lande sher kühl und ordentlich des Tages warm. Es ist auch in diesem Land eine Glasshütte, unweit von hier auf (…). Eine Kuh mit dem Kalb wird ordinare verkauft für 5 Gulden, ein gemein Pferd für 10 bis 15 Gulden, das schönste für etwas 20 Gulden, wovon ich mir eines zugelegt. Alle so hierherin wolln ziehn, müssen aber an der Donau 200 oder 150 Gulden aufweisen, und ihren Fuhrlohn zahlen, weil zuvor die Leute, so auf kaiserliche Kosten gefahren, in Oberungarn ausgestiegen, und sich unter die Grafen und Edelleute ansässig gemacht. Deswegen so jetzt von Kopf 1 G. zahlen müssen, als dann mögen sie austeigen wo sie wollen. Dass sie so viel müssen aufweisen, geschieht darum, damit das Land von Bettelleuten nicht ausgfüllet werde, denn anfangs viele hereingezogen, doch habe nich keinen betteln gesehn, wie man spargirt, wer nur ein wenig Geld mit hereinbringt, kiann sich sehr helfen. Mir fehlt nichts mehr, als dass ich eine von Marian Schwestern zu Haushalterin holn könnte. Übrigens wünschte nur eine Stunde bei Ihnen zu sein, damit ich die Miracula, so ich gesehen erzählen könnte. Aber das ist wohl unmöglich.”

 

Brief an Amtsvogt Vock zu Neustetten zu Neustetten vom 8. Juli 1724

"Nach diesem haben wir unsere Reise nach dem Bannath fortgesetzt, darinnen wir den 15-ten Maji an dem vocirtem (Langenfeld) Orth ankommen seynd. Da ich nun hier mich befunden, kamen Ihro Exzellenz Herr General Feldmarschal Graf Merci als Administrator des Bannaths gen Vipalanca, denen meine Ankunft sobald gemeldet wude, worauf man zu allererst meine Testimonia zu sehen begehrte, nachgehends musste ich mich selbst sistieren und wo ich mich nicht genugsam würde haben legitimieren können, wäre ich daselbst nicht recipirt, wohl aber remittiert worden, dazu man, wie ich vermerkt, grosse Lust hatte. Doch erhielte eine schriftliche Instruction (die man auch bey meinem Abschied wieder mit List von mir genommen) und wurde also doch hauptsächlich wegen der evangelischen Bergleuthen von hochlöblicher kayserlicher Administration zu einem evangelischen Prediger aufgenommen. Wie man mich aber an diesem Orth nicht lange tolerriret, solches zeugt ein von denen Auditoribus (Militägericht) desfals gegebenes Attestatum..."

 

Pfarrerr Reichards Brief an Amtsvogt Vock zu Neustetten vom 8. Juli 1724

"Nach diesem haben wir unsere Reise nach dem Bannath fortgesetzt, darinnen wir den 15-ten Maji an dem vocirtem (Langenfeld) Orth ankommen seynd. Da ich nun hier mich befunden, kamen Ihro Exzellenz Herr General Feldmarschal Graf Merci als Administrator des Bannaths gen Vipalanca, denen meine Ankunft sobald gemeldet wude, worauf man zu allererst meine Testimonia zu sehen begehrte, nachgehends musste ich mich selbst sistieren und wo ich mich nicht genugsam würde haben legitimieren können, wäre ich daselbst nicht recipirt, wohl aber remittiert worden, dazu man, wie ich vermerkt, grosse Lust hatte. Doch erhielte eine schriftliche Instruction (die man auch bey meinem Abschied wieder mit List von mir genommen) und wurde also doch hauptsächlich wegen der evangelischen Bergleuthen von hochlöblicher kayserlicher Administration zu einem evangelischen Prediger aufgenommen. Wie man mich aber an diesem Orth nicht lange tolerriret, solches zeugt ein von denen Auditoribus (Militägericht) desfals gegebenes Attestatum..."

 

Pfarrer Reichards Brief and Surdorff, Pfarrer zu Adelsheim

Varsad (Tolna), den 6. März 1726

“Hocherwürdiger, Hochgelehrter, Hochzuehrender Herr Pfarrer! Es ist mir unmöglich länger in der Unwissenheit von denen Contentement zu leben, daher finde mich genötigt, diese Zeilen abzuschicken, welche mir, so wie ich der gewisse Zuversicht bin, eine angenehme Nachricht von Ihren und den lieben Angehörigen zurückbringen wollen. Mein Verbleiben im Banat hat nur ¾ Jahr gedauert, da ich bald darauf einen Exultanten abgeben musste, der per tot discrimina rerum ein Viertel Jahr gefährlich herum wandern musste, bis mich endlich der getreue Gott nach mancherlei Proben wieder in Ruhe und Sicherheit geführt hat, und solches durch Hilfe Ihrer Excellenz Herrn Generalfeldmarschallen von Mercy, von deren ich viele Gnaden empfangen, da sie mich in die 2 Monat an ihrer in hiesiger Herrschaft gelegen Hofstatt, dem jungen H. Grafen de Mercy filio adoptivo zugehörig, unterhalten haben mit Kost und Logie, bis sich vor mich durch Gottes Vorsorge eine Tür geöffnet hat, in dem mein Amtsvorgänger wegen ergangener Klage seiner allzugrossen Nachlässigkeit im Ambt auch wüst üblem Condult von meiner gnädigen Herrschaft removieret und ich an seine Stelle gesetzt worden bin, woselbst ich Zeit Dom. 2 post Trinit, des 1725ten Jahres vergnügt gelebt habe. Neben meinem Ort habe noch ein Fillial, welche beide Orte 180 Familien ausmachen und kann bei meinem Salario, welches unsere Herrschaft selbst, sowohl deren katholischer Geistliche als uns gemachet hat, wohl stehen. In der Mercyschen Grafschaft sind ausser mir noch 2 deutsche Pfarrer, deren einer Herr Walther 5 Stunden von mir, der andere Tonsor eine halbe Stunde hiervon, und ist an dem, dass dieses letzteren Orts mir auch noch als ein Follial gegeben werden sole, weil Ihre kaiserliche Majestät Seiner Excellenz nur 2 evangelische Pfarrer erlauben werden. Verwicenen Herbst hatte es das Ansehen, als ob in diesem Königreich eine Reformation gegen die Protestirenden sollte vorgenommen werden, war auch die facto so weit kommen, dass wir alle acten Ministeriales unterlassen müssen, es hat sich aber wegen befürchtender Unruhe bald wieder durch Gottes Regierung gewendet. Die Calviner sind überaus stark in diesem Land, so dass sie auch mit Macht viel tun konnten, und lassen sich dahero wenig nehmen, wie auch ihrer angeborener Hartnäckigkeit bekannt ist. Zur Zeit dieses Aufstandes haben sich Ihre Excellenz Graf General unserer treulich angenommen, weil die meisten Deutschen in ihrer Herrschaft evangelish sind, und hat in dieser Sach an den Comitem Palatinum von Palfy nacher Pressburg geschrieben, welcher Präsident des Consilium Regii daselbsten ist, und habe ich nebst einem Bevollmächtigten von ihrer Excellenz Graf Generalen das Schreiben dorthin gebracht, darauf wir unserer Freiheit erlanget, wodurch der hiesige Ort ist in seinem Religions Exercitio confirmiertet worden, weil er schon Anno 1719 vor der zu Pest Anno 1721 gehaltenen Commissione Caesarea mit einem Prediger nostrae Confessione bezetzt gewesen; welche aber erst nach dieser commission sind eingesetzt worden, durften laut des damalig (….) nicht geduldet werden. Ich habe hier viel zu tun, weil von allerlei Orten und Ortchen Leute untereiander wohnen.

…. Die ungarische Krankheit habe mit Gefahr meines Lebens ausgestanden, wofür Gott Dank gesagt sei, und bin nun ungarisch eingerichtet. Wir haben dieses Jahr undenklichen Winter mit Frost und Schnee, welches den Ungarn was Seltenes ist, daher haben sie nicht mit Heu versehen und muss sehr viel Vieh krepieren.

Schliesslich empfehle mich nebst cordialer Salution an alle lieben Angehörige und Freunde, Ihrer Faveur, der ich Sie der Gottes Gnade überlasse und erstrebe

Treu ergebener

Reichard p. t. pastor”

 

Die Briefe befinden sich in Privaterchiv des Freiherrn Hans von Berlichingen in Jagsthasusen, Kirchensachen, 1724-1726

 

Pfarrer Reichards Lebenslauf

Auschnitte aus Friedrich Lotz, Bad Homburg Südost-Forschungen Nr. 22 (1963)

Johann Karl Reichard wurde 1700 zu Goddelau als Sohn des Pfarrers Johann Balthasaar Reichard geboren. Er wurde zum geistlichen Stand bestimmt. Nach dem Abschluss des theologischen Studiums bekleidete er bis Frühjahr 1724 eine Hauslehrerstelle in Adelsheim, im hinteren Odenwald, bis zur Berufung zum Pfarrer in Langenfeld im Banat.

Vom 1. Juni 1724 bis Frühjahr 1725 war er 9 Monate in Langenfeld und Petrillowa in der Banater Militärgränze seelsorgisch tätig. Durch die Jesuiten vertrieben begab er sich in Miltärkleidern nach Belgrad, von wo ihn Mercy auf seine Domäne in die Schwäbische Türkei, Komital Tolanu berief. In Varsad, das 1718 von Reichskolonisten als erstes deutschevangelisches Dorf gegründet wurde und in der Fliliale Kalazno wirkte er vom Sommer 1725 bis 1731. Ab 1729 wurde ihm allerdings die Pfarrtätikgkeit untersagt.

Währed seiner Amtstätigkeit heiratete Reichard eine ungarische Adelige aus Raab. Diese unglückliche Ehe und die Verfogung der Protestanten verleidete ihm 1731 die ungardeutsche Pfarrtätigkeit und er kehrte bitter enttäuscht nach Hessen zurück wo er das Buch "Erlebnisse in Ungarn" geschrieben hat.

In den nächsten zwei Jahren (1732-1734) war er in Heldenbergen bei Herrn Bechtoldsheim Hausprediger, wo er ins Kirchenbuch in lateinischer Sprache einen kurzen Vermerk eintrug, der übersetzt lautet: “ In Ungarn verwaltete ich sieben Jahre lang den evangelischen kirchlichen Dienst, teils aus Mangel an Zuhörern, teils aus Neid und Verfolgung durch die oberste Kirchenbehörde vertrieben, bin ich in das Vaterland zurückgekehrt. (Pfarrarchiv Heldenbergen).

Danach diente er von 1734-1740 als Vikar an der Burgkirche in Friedberg, Oberhessen, und von 1740-1753 daselbst als Burgpfarrer und Inspektor.

Pfarrer Johann Karl Reichard starb am 18. Dezember 1753 und ist in Friedberg begraben.

 

Feb. 2010